Dynamik-Umfang
 
Prinzipiell haben alle Kameras das gleiche Problem: Die Motive können extrem große Helligkeitsunterschiede haben. Es gibt verschiedene Lösungen, wie trotzdem gefällige Bilder erreicht werden können.

Inhalt dieser Seite

Farbnegativ-Filme können einen Helligkeitsumfang von 1:750 ( ca. 9,5 Blendenstufen) bewältigen (sh. Bild ganz unten)!
Aber selbst ein Hochglanz-(Papier)Foto kann nur maximal ein Helligkeits-Verhältnis von 1:65 (ca. 6 Blendenstufen) darstellen; ein gedrucktes Bild übrigens nur ca. 5 Blendenstufen!
Bei sehr kontrastreichen Motiven könnten aus dem selben Negativ deshalb zwei sehr unterschiedliche Bilder erstellt werden! Entweder man legt Wert auf die dunklen, oder berücksichtigt mehr die hellen  Bereiche. Wegen des großen Belichtungsspielraums (Dynamik-Umfang), ist in beiden Fällen jeweils genug Durchzeichnung vorhanden. Durch Wahl der geeigneten Papiersorte (Gradation) kann dann ein optimales Papierbild erstellt werden!

Eine falsche Belichtung wird aus diesen Gründen von Negativ-Filmen relativ gut verkraftet!


Anders ist das bei Dias. Sie sollen ohne Nacharbeit brillant wirken, auch bei ganz normalen Motiven. Bei sehr kontrastreichen Motiven (sh. Bild ganz unten) ist dann eine gute Durchzeichnung in den Schattenbereichen und Lichtern (wie beim Negativ-Film) nicht mehr möglich. Ein Dia-Film ist so konzipiert, dass er eine Differenz zwischen den hellsten und dunkelsten Bildteilen von 1:100 (ca. 6,5 Blendenstufen), maximal 1:300 (ca. 8 Blendenstufen) bewältigen kann.
Im Gegensatz zum Papierbild kann ein Dia - je nach Helligkeit des Projektors - an der Leinwand ein Helligkeitsverhältnis von 1:300 durchaus darstellen.

Gute TFT-Bildschirme haben übrigens ein Kontrastverhältnis von 1:1000 und halten somit locker mit Dia-Projektieren mit!

↑ Nach oben


Digitalbilder

Beim Digitalbild gibt es ein gleiches Problem. Prinzipiell stehen hier für eine jpg-Datei nur 256 Helligkeits-Stufen zur Verfügung. Würden die gleichmäßig zwischen "stockdunkel" und "Glitzerschnee im Sonnenschein" verteilt, hätten normale Motive nur wenige Helligkeitsstufen zur Verfügung, wären flau und kontrastlos.
Deshalb waren normale Digitalkameras bisher so konstruiert,  dass sie etwa den Dia-Filmen entsprechen (ca. 6,5 Blendenstufen).


Wie beim Dia müssen die Bilder deshalb exakt belichtet werden und bei Motiven mit großen Helligkeits-Unterschieden (sh. nebenstehendes Bild) sind unvermeidlich entweder die hellen Teile  "ausgefressen" oder die dunklen Teile haben keine Durchzeichnung. Diese dunklen Teile kann man zwar mit Photoshop nachträglich noch etwas aufhellen (→Beispiel), erkauft das aber (je nach Kamera) mit mehr oder weniger starken "Rauschen".
"Ausgefressene" helle Bildbereiche kann aber kein Programm wieder herbeizaubern.

↑ Nach oben


Die Lösungen des Problems!


1. Das RAW-Format

Viele Kameras (nicht nur SLRs) bieten die Möglichkeit, im RAW-Format zu fotografieren. Dieses Datei-Format hat durch eine flache Gammakurve einen erheblich größeren Dynamik-Umfang (fast 4 Blendensrufen mehr!) und deshalb gibt es sowohl in den sehr hellen als auch den Schatten-Bereichen noch Durchzeichnung. Mit etwas Erfahrung kann daraus ein gutes JPG-Bild erstellt werden, das keine Überstrahlungen und "abgesoffene" Schatten aufweist!
Es entspricht dann z.B. dem weiter unten gezeigten HDR-Bild.


2.
Datenoptimierung

Seit 2008 wird bei einigen Kameras eine raffinierte Methode der Datenaufbereitung angewendet und praktisch die S-förmige Gammakurve konventioneller Negativfilme nachgestellt.
Dazu wird von der Automatik eine Belichtung vorgegeben, die ein leicht unterbelichtetes Bild ergibt. Dadurch werden "ausgefressene" Lichter reduziert. Das Programm sorgt dann dafür, dass die normalen Bereiche aufgehellt werden, die hellen aber nicht. Zusätzlich werden evtl. noch die zu dunklen Bildbereiche stärker aufgehellt, wie bei "Tiefen/Lichter".
Erst dann wird das JPG-Bild abgespeichert. Das Ergebnis entspricht dann etwa dem o.g. manuell bearbeiteten RAW-Bild.
Sony nennt das DRO (Dynamic Range Optimiser), Fuji DR-Funktion, Panasonic: iExposure, Canon: iContrast.

Hier ein Beispiel: Gleiches Motiv aufgenommen mit der LX3 mit normaler Belichtung (oben) und mit WDR, wie es bei der Leica D-Lux 4 genannt wird. (Hierzu ist in diesem Fall ein nachträgliches Firmware-Update notwendig).

Nachteil dieser Methode: Da im Prinzip ein unterbelichtetes Bild nachträglich mehr oder weniger stark aufgehellt wird (defakto wird ein um 1 bis 2 Stufen höherer ISO-Wert als der sonst übliche verwendet), ergibt sich ein stärkeres Rauschen als bei einer Aufnahme ohne diese Technik. Wenn die Kamera aber von dieser Möglichkeit wirklich nur dann Gebrauch macht, wenn es notwendig ist, dann sollte man diese Funktion im Setup erlauben.
Mit etwas "flaueren" Bildern muss man sich dann aber abfinden..

Auch hier zeigt sich der Vorteil größerer Sensorzellen. Kameras mit wenig MP/Fläche haben mehr Reserven in den dunklen Bereichen und zeigen nach der "Aufhellung" nicht so starkes Rauschen. Kleine 1/2,3" Sensoren mit 16MP rauschen in den dunklen Bereichen bereits bei 100 ISO sehr stark!


Vermeiden von "ausgefressenen" Bildbereichen:
Die bei einigen Kameras angebotene automatische "Kontrastkorrektur" kümmert sich um den oberen Bereich der Gammakurve. "Ausgefressenen" Bildbereiche - das Problem vieler Digitalkameras - gibt es dann nicht mehr. Die Vorgehensweise ist ähnlich wie im obigen Fall.


3. Fuji SR- und EXR-Sensoren

Fuji versucht mit dem SR CCD-Sensor in den extrem hellen (auch bei RAW ausgefressenen) Bildbereichen noch Durchzeichnung zu erreichen. Dazu setzt man anstelle der bisherigen Zellen jeweils zwei unterschiedlich große ein, wobei die größere für die normal-hellen Bildteile zuständig ist.
Aus den beiden Bildern wird dann ein optimales Digitalbild berechnet. Es werden so etwa 10,5 Blendenstufen erreicht.
Damit wird der Farbnegativ-Film imitiert. Auch der hat nämlich durch unterschiedlich große Silberhalogenidkristalle unterschiedlich empfindliche Schichten.
Die erste Kamera mit diesem Sensor war die Fuji F700. Allerdings hat er dort die hohen Erwartungen nicht erfüllt!
 

In der  Spiegelreflexkamera S3 Pro ist ein weiterentwickelter SR-Sensors eingebaut (rechtes Bild). Hier sind die beiden Zellen nicht mehr zusammengefasst, sondern die kleinen sind in die Lücken zwischen den großen verlagert und haben eine eigene "Mikrolinse". Vorteil: die großen können größer und dadurch lichtempfindlicher werden! --> weniger Rauschen!


Eine Weiterentwicklung stellt der EXR-Sensor dar, der mit 2x je 6MP gleichgroßen Zellen in spezieller Anordnung arbeitet.

Dadurch kann anstatt des Dynamik-Umfangs alternativ auch entweder die Lichtempfindlichkeit oder die Auflösung erhöht werden.

↑ Nach oben


4.  HDR  bzw. DRI

Wirklich extreme Helligkeitsunterschiede (Nachtaufnahme mit hellen Straßenlampen und dunklen Schattenbereichen = etwa 14 - 17 Blendenstufen) kann aber keine Kamera (auch nicht mit RAW) bewältigen. Da helfen nur mindestens drei unterschiedlich belichtete (Stativ)-Fotos, die später am PC zusammengefügt werden. Hilfreich ist es, wenn die Kamera die Möglichkeit bietet, automatisch drei Bilder aufzunehmen (zwei davon mit je ±1 Blende Abweichung von der ersten).
Z.B. mit "Photoimpact" kann mit "HDR" (High Dynamic Range) das Zusammensetzen sogar automatisch erfolgen. Die Ergebnisse sind verblüffend! 
Bekannt ist diese Methode auch unter "DRI" (Dynamic Range Increase)

→  Ein weiterer Vorteil der Digital-Fotografie! 

Hier ein Beispiel, zusammengesetzt aus drei Nachtaufnahmen meines "Standardmotivs": Das Neue Rathaus, aufgenommen mit der F10.  →Zusammengesetztes Bild   →Voll-HD-Bild

Das optimal belichtete Einzelbild (2. Bild : 3", Bl.2,8; 80 ISO) scheint auf den ersten Blick recht gut zu sein. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass einige helle Bereiche "ausgefressen" sind, andererseits aber in den dunklen Bereichen wenig Durchzeichnung vorhanden ist. Das HDR-Bild ist eindeutig besser! →Bildausschnitte
Allerdings wird vermutlich ein RAW-Bild bei diesem Motiv fast ebenso gut sein, da die Helligkeitsunterschiede hier nicht wirklich extrem sind!

Durch den Einsatz von CMOS-Sensoren ist eine sehr schnelle Bildfolge möglich und moderne Kameras nutzen das für ein automatisches HDR-Bild aus. In schneller Folge werden mehrere Bilder mit unterschiedlicher Belichtungszeit aufgenommen und in der Kamera zu einem HDR-Bild zusammengesetzt. Bei vielen Kameras ist nicht einmal ein Stativ erforderlich, da die drei Bilder in der Kamera exakt ausgerichtet werden.

↑ Nach oben


Last, but not least ...
5. Richtig Belichten

So raffiniert alle diese Methoden auch sind ... für 99% aller Motive reicht der normale Dynamik-Umfang einer Digitalkamera völlig aus. Allerdings setzt das eine optimale Belichtung voraus! Hier nun einige Tricks, wie man Belichtungsprobleme reduzieren kann ......

Jeder Digitalkamera-Hersteller versucht, einen optimalen Kompromiss zwischen zu flauen Bildern (aber dafür ohne "ausgefressenen" Bildbereiche) und kontrastreichen "gefälligen" Bildern zu finden. Bessere Kameras bieten sogar eine entsprechende Vorgabe für "Kontrast" im Setup (Die F10 - F31fd bietet hier den "Trick" mit dem "Portrait"-Programm).
Aber es gibt keine optimale Vorgabe für alle Aufnahmesituationen!

Alle bisher von mir gestesteten Kameras neigten zu rel. kontrastreichen Bildern und dadurch traten gelegentlich (allerdings meist an unkritischen Stellen) "ausgefressene" Bildbereich auf; besonders dann, wenn es sonnenbeschienene Bildteile und tiefe Schatten gab. Bei den Tests von dpreview liest sich das "Highlight clipping in bright scenes" (Sony W7; Panasonic FZ50; LX2; Canon G7 ...).
Um das zu vermeiden, fotografiere ich normalerweise mit der Vorgabe -1/3 Blende. Bei Schnappschüssen bin ich dann meist auf der sicheren Seite und die Fotos müssen trotzdem nur ganz selten nachträglich aufgehellt werden! Die Kamera wird dadurch übrigens formal "lichtempfindlicher".

Wie dramatisch diese kleine "Standard-Korrektur" das Auftreten "ausgefressener" Bildteile vermeidet, ist an den folgenden Beispielbildern zu sehen. Bei beiden wurden mit Photoshop diese Bereiche rot markiert. Das  rechte wurde mit -1/3 Blende aufgenommen und hat praktisch keine Problembereiche!

Wenn es aber die Zeit erlaubt, verlasse ich mich nicht auf diese Standard-Korrektur. Ich nehme dann den Monitor zur Hilfe, um eine an das betr. Motiv optimal angepasste Blendenkorrektur zu erreichen (→Belichtungshilfe).
Vorteil dieser Methode: Sie funktioniert auch bei Motiv-Programmen, die keine Blendenkorrektur zulassen.

Den Erfolg dieser Maßnahmen kann man am besten mit dem Histogramm überprüfen.

↑ Nach oben


Gamma-Wert

 

Hier noch einige zusätzliche Informationen für alle, die noch mehr wissen wollen!

Die normalen Digitalkameras sind so konzipiert, dass sie einen Dynamikumfang von ca. 6,5 Blendenstufen darstellen. In der Natur ist der Helligkeitsunterschied zwischen absolutem Schwarz und Glitzerschnee im Sonnenlicht natürlich sehr viel größer. Deshalb wählt die Belichtungsautomatik einen (mehr oder weniger) sinnvollen Bereich heraus, der etwa 6,5 Blendenstufen umfasst und dann in die 256 Helligkeitsstufen (8 Bit) einer jpg-Datei umgesetzt wird. Wie das geschieht, kann durch die folgende Grafik dargestellt werden.

Normal ist es, dass der Standard-Bereich (z.B.: 6,5 Blendenstufen) des Sensors in die 256 Helligkeitsstufen umgesetzt wird. Das ergibt die grüne Gerade, deren Steigung ("Gamma") gleich 1 ist.

Wird mit der Kamera-Einstellung: Kontrast = "gering" ein größerer Helligkeitsbereich (z.B. 8 Blendenstufen) gewählt, so ergibt das "flaue" Bilder mit wenig Kontrast. Es wird ja ein größerer Helligkeitsbereich auf 256 Stufen komprimiert. Die Gerade ist flacher. Gamma ist unter 1. Mit einem Bildbearbeitungsprogramm kann die Gammakurve aber nachträglich geändert, der Kontrast erhöht werden.

Anmerkung:
RAW arbeitet grundsätzlich mit einer flachen Geraden.

Mit der Kamera-Einstellung: Kontrast = "hoch" wird ein relativ kleiner Helligkeitsbereich (z.B. 5 Blendenstufen) auf die 256 Stufen auseinandergespreizt.  Ergebnis: Kontrastreiche Bilder. Die "Gammakurve" (rot) ist dann steiler, also größer als 1. Aber Achtung! Helle Bildbereiche sind dann oft "ausgefressen" und ohne Details. Die sind dann endgültig verloren!

Die Gammakurve von konventionellen Negativfilmen sind übrigens nur im mittleren Bereich eine Gerade. Sie laufen unten und oben S-förmig aus. Dadurch werden im extrem dunklen und hellen Bereich noch einige Bilddetails erfasst.

Moderne Digitalkameras arbeiten ähnlich (mit Hilfe der o.g. Methoden) und decken dadurch bis zu 11 Blendenstufen ab.

↑ Nach oben


Bild-Beispiel



Flaues Bild, wie es vom Farb-Negativfilm aufgenommen wird.
(Mit guter Durchzeichnung in Lichtern und Schatten)

Gamma kleiner als 1


Belichtet auf das Hauptmotiv (helle Bereiche überstrahlt)


Belichtet auf die hellen Bildteile (Hauptmotiv zu dunkel)

 

Optimiertes Bild

↑ Nach oben
 


Startseite Stichworte Kameras Theorie Bi. bearbeiten Bi. betrachten

www.Henner.info
Letzte Überarbeitung: 22.08..2012